Über 11.000 Tage unschuldig in der forensischen Psychiatrie
Beschreibung
- eine interdisziplinäre Betrachtung des Falles Dirk K.
Einzelartikel aus:
Archiv für Kriminologie Band 254
Heft 3 und 4, Sept./Okt. 2024
Verfasst von:
Silvia Gubi-Kelm, Christian Bitzigeio, Lennart May, Teresa Schneider, Klaus Püschel
Zusammenfassung
Im Jahr 1985 hatte der intelligenzgeminderte Dirk K. den Mord an einem sieben Jahre alten Jungen im Rahmen polizeilicher Vernehmungen gestanden, sein Geständnis jedoch widerrufen. Obgleich keine objektiven Beweise vorlagen, wurde Dirk K. durch das Landgericht Essen auf Grundlage seines widerrufenen Geständnisses im Maßregelvollzug untergebracht. Rund zehn Jahre nach der Verurteilung gestand ein Dritter den Mord an dem Kind. Allerdings hielt die Staatsanwaltschaft dieses Geständnis für nicht glaubhaft und verzichtete auf weitere Ermittlungen. Dirk K. verblieb weiter im Maßregelvollzug. Nach weiteren 16 Jahren gelangte das Geständnis einem Rechtsanwalt zur Kenntnis, der auf dieses gestützt eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragte. Das Wiederaufnahmeverfahren endete für Dirk K. am 01. Februar 2018 mit der Ablehnung des Antrages auf Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und er konnte – nachdem er auf Anordnung des Landgerichts Dortmund bereits am 02. Februar 2016 aus dem Maßregelvollzug entlassen worden war – in Freiheit verbleiben. Dirk K. befand sich zwischen seiner vorläufigen Festnahme und der Anordnung der Entlassung aus dem Maßregelvollzug 30 Jahre und 9 Monate in Unfreiheit.
Schlüsselwörter: Hypothesentesten – Beschuldigtenvernehmung – falsche Geständnisse – Geständniswiderrufe – Schuldfähigkeit – Wiederaufnahmeverfahren
Summary
In 1985, Dirk K., who had impaired intelligence, confessed to the murder of a sevenyear- old boy during police questioning, but recanted his confession. Although there was no objective evidence, the Essen Regional Court placed Dirk K. in a penal institution on the basis of his recanted confession. Around ten years after the conviction, a third party confessed to the murder of the child. However, the public prosecutor’s office did not consider this confession to be credible and dispensed with further investigations. Dirk K. remained in prison. After a further 16 years, the confession came to the attention of a lawyer who, based on it, applied for a retrial. The retrial ended for Dirk K. on February 1, 2018 with the rejection of the application for placement in a psychiatric hospital and he was able to remain at liberty – after he had already been released from prison on February 2, 2016 by order of the Dortmund Regional Court. Dirk K. spent 30 years and 9 months in detention between his provisional arrest and the order for his release from detention.
Key words: Hypothesis testing – suspect interrogation – false confessions – retracted confessions – culpability – retrails
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